China entwickelt atomdünne 2-D-Halbleiter

20. November 2023

Halbleiter werden immer kleiner und leistungsfähiger. Nun steht die Branche möglicherweise vor einer Revolution: Chinesische Wissenschaftler haben kürzlich einen 12-Zoll-Wafer mit einem 2-D-Halbleiter vorgestellt. Werden die Grenzen der Technologie bald neu definiert?

Einem Team chinesischer Wissenschaftler ist es erstmals gelungen, 12-Zoll-Wafer aus 2-D-Halbleitermaterial herzustellen. Das könnte langfristig die Dominanz der traditionellen Siliziumchips infrage stellen.

Zweidimensionale Halbleiter sind nur wenige Atome dick. Das verleiht ihnen enorme Flexibilität und hervorragende Halbleitereigenschaften, erschwert jedoch die Herstellung. Schon kleinste Unregelmäßigkeiten oder Verunreinigungen können die Qualität und Funktionalität des gesamten Wafers beeinträchtigen. Herkömmliche Produktionsverfahren, die für dickere Materialien entwickelt wurden, sind entweder nicht anwendbar oder ineffizient. Die Forscher mussten innovative Produktionsmethoden entwickeln.

2-D-Materialien könnten die Elektronikindustrie auf ein neues Level heben.

Ein besonders vielversprechender Ansatz, der sich bereits in der Praxis bewährt hat, ist die Surface-to-Surface-Technologie. Bei dieser Methode werden die wachsenden 2-D-Materialien direkt auf eine Trägeroberfläche aufgebracht, wobei die Wechselwirkung zwischen den beiden Oberflächen das gleichmäßige Wachstum des 2-D-Materials fördert – ohne Unterbrechungen über die gesamte Fläche des Wafers. Diese Methode ermöglicht die Herstellung von Wafern mit hoher Leistung und Zuverlässigkeit bei minimalen Defekten.

Das transformative Potenzial von 2-D-Halbleitern

2-D-Halbleiter bergen erhebliches wirtschaftliches Potenzial. Einer der herausragenden Vorteile: Sie ermöglichen die Miniaturisierung von Halbleiterbauelementen. Die Dicke von nur wenigen Atomen erlaubt die Herstellung kleinerer und leistungsfähigerer Chips. Das wirkt sich direkt auf die Produktionskosten aus, da weniger Material benötigt wird. Zudem können Geräte kompakter gestaltet werden.

Die Kombination aus geringeren Produktionskosten, kompakteren Geräten und verbesserten Leistungsmerkmalen eröffnet verschiedenen Industriezweigen neue Möglichkeiten. Von der Elektronikindustrie bis hin zu erneuerbaren Energien könnten 2-D-Halbleiter die Grundlage für innovative Technologien und Produkte bilden, die bisher nicht realisierbar waren.

Anwendungsfälle von 2-D-Halbleitern

Nanoelektronik:

Aufgrund ihrer geringen Dicke könnten 2-D-Halbleiter die Grundlage für die nächste Generation von Mikroprozessoren und Speicherbausteinen bilden. Sie könnten die Grenzen des mooreschen Gesetzes weiter verschieben, indem sie noch kleinere und leistungsfähigere Chips ermöglichen.

Optoelektronik:

2-D-Halbleiter könnten in Sensoren, Detektoren und anderen optoelektronischen Geräten eingesetzt werden. Ihre Fähigkeit, Licht effizient in elektrische Signale umzuwandeln (und umgekehrt), könnte beispielsweise zu verbesserten Kamerasensoren oder effizienteren Solarzellen führen.

Quantencomputing:

Die einzigartigen Quanteneigenschaften von 2-D-Materialien machen sie zu idealen Kandidaten für die Entwicklung von Quantenbits oder Qubits, den Grundbausteinen von Quantencomputern.

Flexible Elektronik:

Aufgrund ihrer Flexibilität könnten 2-D-Halbleiter in biegsamen Displays, Wearables und anderen elektronischen Geräten eingesetzt werden.

Thermoelektrische Anwendungen:

2-D-Halbleiter wandeln Wärme effizient in elektrische Energie um. Das könnte sie zu Schlüsselkomponenten in thermoelektrischen Generatoren machen, die aus Abwärme nutzbare Energie erzeugen.

Sensoren:

Die hohe Empfindlichkeit von 2-D-Halbleitern gegenüber Veränderungen in ihrer Umgebung könnte zur Entwicklung von präziseren und reaktionsschnelleren Sensoren führen, etwa in der Umweltüberwachung oder in medizinischen Diagnosegeräten.

Die Hürden auf dem Weg zur 2-D-Technologie

Kritiker weisen darauf hin, dass die praktische Anwendbarkeit von 2-D-Halbleitern in der realen Welt erst noch bewiesen werden muss. Sollen 2-D-Halbleiter in die Massenproduktion gebracht werden, braucht es zunächst erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus erfordert die Herstellung von 2-D-Materialien eine präzise Steuerung und spezialisierte Anlagen. Das kann die Produktionskosten erhöhen und die Skalierbarkeit einschränken.

Die Materialien reagieren zudem häufig empfindlich auf Sauerstoff, Feuchtigkeit und andere Umwelteinflüsse. Wenn sie nicht angemessen geschützt werden, kann das ihre Leistung beeinträchtigen und ihre Lebensdauer verkürzen. Außerdem können sich die elektronischen Eigenschaften von 2-D-Materialien im Laufe der Zeit verändern, insbesondere wenn sie hohen Temperaturen oder starker Strahlung ausgesetzt sind.

Eine weitere Herausforderung ist die Integration von 2-D-Halbleitern in bestehende elektronische Systeme und Herstellungsprozesse, denn sie unterscheiden sich in vielerlei Hinsicht von herkömmlichen Halbleitern. Und es gibt Bedenken hinsichtlich der Umweltauswirkungen, da die nachhaltige Herstellung und Entsorgung von 2-D-Materialien noch nicht vollständig geklärt sind.

Das nächste Kapitel in der Halbleitertechnik

Die Entwicklungen in China könnten einen entscheidenden Moment in der Halbleitertechnologie markieren. 2-D-Halbleiter haben zweifellos das Potenzial, die Elektroniklandschaft zu revolutionieren. Wenn die Industrie die genannten Herausforderungen meistert, könnte eine neue Generation von Elektronikprodukten entstehen, die leistungsfähiger, effizienter und vielseitiger ist als jede zuvor.